Die Digitalisierung stellt unsere aktuelle Geschäftswelt und die Art wie wir leben, arbeiten und miteinander in Beziehung stehen vor große Herausforderungen. Der technologische Wandel wird immer schneller und wirft unsere derzeitigen Geschäftsmodelle über den Haufen (obwohl gleichzeitig auch neue und inspirierende Geschäftsmodelle entstehen). In Bezug auf Standort, Rollen und Fähigkeiten sehen sich viele Unternehmen und ihre Beschäftigten in Frage gestellt.
Laut Gartner (2015) wird die Anzahl der Mitarbeiter, die einen Geschäftsprozess befolgen, bis 2018 um 50 Prozent sinken, während gleichzeitig die Anzahl von digitalen Geschäftsaufgaben in demselben Zeitraum um 500 Prozent ansteigen wird. Wird sich diese Behauptung als wahr erweisen? Tut das L&D-Team das, was es kann und muss, um die Mitarbeiter der Zukunft auszubilden? Wie gut sind unsere Unternehmen auf die digitale Disruption eingestellt?
Wirtschaftsexperten haben bereits erkannt, dass die Digitaltechnologie die Denkweise der Menschen verändert. Donnelly (2016) rät sogar, neue Mitarbeiter an Hand ihres Verhaltens und ihrer Einstellung auszuwählen – also nicht anhand ihrer Qualifikationen – und die notwendigen Fähigkeiten erst danach in entsprechenden Schulungen zu vermitteln. Mitarbeiter benötigen die notwendigen digitalen Fähigkeiten um überlebensfähig und nützlich zu bleiben. Wie sich aus einer im Jahr 2016 von Accenture durchgeführten Studie ergab, sind sich die Mitarbeiter vollkommen darüber bewusst, dass sich ihre derzeitigen Stellen und Stellenaussichten durch die Digitalisierung verbessern würden. Positiv daran ist, dass diese Mitarbeiter sich bereits aktiv um den Erwerb derjenigen Fähigkeiten bemühen, mit denen sie die Nachfrage der digitalen Geschäftswelt erfüllen könnten (UNC White Paper – Brecher et al., 2016).
Nun muss L&D die Gelegenheit ergreifen und als „Enabler“ fungieren, mit dem das Unternehmen die Herausforderungen der digitalen Transformation überwinden kann. Im digitalen Unternehmen wird L&D eine neue Rolle bekleiden, die mit der Neudefinition der Digital-Learning- Strategie beginnt. In diese fließen Leadership, die Lernenden, das Learning-Angebot und die entsprechende Technologie ein – und ein neu gestalteter L&D-Betrieb mit einer digitalen Denkweise und digitalen Fähigkeiten. In diesem Artikel möchten wir Ihnen Einblicke und Meinungen zur Digital Learning Readiness (DLR) sowie einige DLR-Umsetzungsrichtlinien für Ihre Learning-Umgebung an die Hand geben. Digital Learning Readiness bedeutet, dass Ihre Mitarbeiter, Lernenden und das L&D-Team beim Aufbau der zukünftigen geschäftlichen Fähigkeiten erfolgreich auf digitales Learning setzen. Ist dies in Ihrem Unternehmen bereits der Fall?
Digital Learning Readiness – Vorteile und Hindernisse
Wie dem Embracing-Change- Bericht (Towards Maturity, 2016) zu entnehmen ist, liefert eine modernisierte Learning-Strategie, die auf der Grundlage der digitalen Transformation steht, bei den besten Learning-Unternehmen greifbare geschäftliche Ergebnisse. Zu diesen zählen:
- Produktivitätssteigerung um 12 Prozent,
- Verbesserung der Kundenzufriedenheit um 15 Prozent,
- schnellere Lernergebnisse,
- 16 Prozent Kostensenkung im Bereich L&D.
Aber die Kehrseite der DLR-Medaille ist: Bevor Ergebnisse in dieser Größenordnung erzielt werden können, müssen zunächst zahlreiche Hindernisse überwunden werden. Laut einer jüngst von McKinsey durchgeführten Studie (2015) nennen Führungskräfte die folgenden strategischen Hürden:
- mangelndes internes Leadership oder fehlende Talente für die Durchführung der digitalen Projekte
- fehlendes Verständnis für die Auswirkung der digitalen Trends
- mit der schnelleren Geschäftsentwicklung kann nicht Schritt gehalten werden
- die Denkweise kann nicht auf das Experimentieren umgestellt werden
Parallel dazu stoßen die Unternehmen auf praktische Schwierigkeiten:
- mangelnde Qualifikation
- für selbstverwaltetes Lernen,
- Ressourcenmangel,
- fehlende Unterstützung,
- nicht genug Zeit,
- Zweifel der Bereichsleiter in Bezug auf den digitalen Wandel,
- unzuverlässige IT-Struktur,
- fehlende Abstimmung von Leistungsverwaltung und Learning.
Darüber hinaus zeigt der McKinsey-Bericht, dass viele Learning-Fachkräfte dem digitalen Ansatz gegenüber konservativ eingestellt sind, obwohl es dabei für L&D um so viel geht. Wer eher konservativ ist, fühlt sich wohler, wenn er bei der Erstellung von Lerninhalten, beim sozialen und kollaborativen Lernen und bei Werkzeugen für Learning-Management und Learning-Verwaltung auf bewährte Methoden zurückgreift. Andererseits sind sich die Pioniere unter den L&D-Leadern in unserem Netzwerk darüber im Klaren, dass sich Topleistungen nur dann erzielen lassen, wenn die modernen Lernenden geschäftsübergreifend unterstützt werden. Das Personal lernt auf allen Ebenen durch Erfahrung, soziale Netzwerke und formales Lernen. Das L&D-Team muss seine Strategie, Rolle und Unterstützung des Lernens neu definieren und dabei berücksichtigen, dass das Lernen nun auch außerhalb von Programmen stattfindet. Gemäß der jährlichen CIPD-L&D-Erhebung aus dem Jahr 2015 müssen die L&D-Teams dringend über die Zufriedenheit der Lernenden hinausblicken und die Learning-Maßnahmen dahingehend bewerten, ob daraus für das Unternehmen als Ganzes und im allgemeinen Sinne für die Gesellschaft ein Wert entsteht.
Beim Aufbau einer Learning-Kultur, bei der der Wissensaustausch und das soziale Lernen gefördert werden, kann die Technologie von entscheidender Bedeutung sein. Durch die digitale Denkweise verändert sich auch der Zugriff auf das Lernen, und es wird ein flexibler, agiler Ansatz für die Personalentwicklung erarbeitet, auf dessen Grundlage geschäftliche Erfolge erzielt werden können (Towards Maturity, 2016).
Digital Learning Readiness – Bestandsaufnahme
Alle Kunden und Interessenten, mit denen wir in den letzten Monaten gesprochen haben, hatten bereits beobachtet, dass sich die Digitalisierung auf ihr Geschäft und auf L&D auswirkt. Nachdem wir die Digital Learning Readiness (DLR) als Forschungsthema erkannt hatten, nahmen wir Kontakt zu unseren CrossKnowledge-Kunden auf und befragten die Learning-Experten unter ihnen nach den größten Herausforderungen in Zusammenhang mit DLR. Ihre Erfahrungsberichte und bewährten Praktiken wurden gesammelt, um Umfang und Konzept unserer DLR-Bestandsaufnahme festzulegen. Parallel dazu führten wir eine Literaturstudie durch, wobei wir insbesondere bei Nike, Bayer, ING, Gazprom und DSM fündig wurden. Bei internationalen Workshops, Sachverständigenrunden und Konferenzen sammelten wir für die DLR-Bestandsaufnahme Input von Experten und passten unser Konzept an dieses Feedback an. Im nächsten Schritt testeten wir das Ergebnis in drei verschiedenen L&D-Umgebungen und stellten den Entwurf fertig. Letztendlich ergab sich eine sehr pragmatische Digital-Learning- Readiness-Bestandsaufnahme, die sich auf vier Cluster erstreckt. Diese umfassen jeweils fünf Richtlinien, die Sie prüfen und umsetzen können, um die DLR in Ihrem Unternehmen zu verbessern.
Hier die vier Cluster der Digital Learning Readiness:
- Learning-Angebot und -Technology
Dieser Cluster bezieht sich auf Design, Werkzeuge und Ressourcen des Learnings sowie auf deren Integration in die vorhandene Infrastruktur und in die Unternehmensprozesse.
- Lernende
Dieser Abschnitt konzentriert sich klar auf die Lernenden: Zugriff, Möglichkeiten, Motivation, Selbstvertrauen und WIIFM (What‘s In It For Me? – Was bringt es mir?).
- L&D-Organisation und L&D-Fähigkeiten
Dieser Teil bezieht sich auf Learning-Strategie, Governance und Ergebnismessung. Weiterhin wird die Frage aufgeworfen, ob die L&D-Mitarbeiter selbst digital denken und handeln.
- Unternehmen und Leadership
Diese Partie setzt sich mit dem Umfang auseinander, in dem das Unternehmen das Lernen vereinfacht oder als Lebensader annimmt. Auch wird untersucht, ob die Führungskräfte digital denken und über Coaching-Fähigkeiten verfügen.
Wie ist es um Ihre Digital Learning Readiness bestellt? Führen Sie Ihrer DLR-Bestandsaufnahme durch: Transformieren und steigern Sie in Ihrem Unternehmen die Auswirkung des digitalen Lernens.
Wer die digitalen Herausforderungen der Zukunft erfolgreich meistern möchte, muss die richtigen Leadership- und Mitarbeiterfähigkeiten ausbilden und die Unternehmenskultur so anpassen, dass die digitale Transformation unterstützt wird. Kann L&D mit dem Tempo und den Anforderungen des Geschäfts Schritt halten? Die Digital Learning Readiness ist für die meisten L&D-Unternehmen eine Herausforderung; wer sich nicht darauf einstellt, nimmt in Kauf, möglicherweise an Glaubwürdigkeit, Unterstützung durch das gehobene Management und Ressourcen einzubüßen, was letztendlich das Todesurteil für L&D bedeuten kann. Wir haben auf Basis unserer Forschung die besten DLR-Practices ermittelt, damit Sie die Digital Learning Readiness gestalten und fördern sowie die L&D-Abteilung als strategischen Änderungsmotor positionieren können.
REFERENCES
- Cracking the Digital Code – McKinsey 2015
- Learning at the speed of need – Learning Insights 2013
- UNC White paper – Preparing Business leaders for digital disruption 2016
- Revolutionize L&D – Clark N Quin 2016
- Towards Maturity – Embracing Change 2015-16 Industry Report
- From Human to digital – KPMG report 2016
- CIPD, Learning and Development survey, 2015
- Accenture Technology Vision 2016 People First: The Primacy of People in a Digital Age